Vorweggenommene Werbungskosten bei Erstausbildung – Bundesverfassungsgericht zur Pilotenausbildung
Bad Vilbel / Karlsruhe Das Bundesverfassungsgericht gibt am 10.01.2020 die Entscheidung über die Frage der Verfassungsmäßigkeit von Kosten einer Erstausbildung und deren Abzugsfähigkeit als vorweggenommene Werbungskosten bekannt.
In einem Revisionsverfahren vor dem Bundesfinanzhof streitet der Kläger über die Anerkennung von Ausbildungskosten zum Beruf des Piloten. Der Kläger hatte für seine Pilotenausbildung rund 74.000 € Ausbildungskosten für zwei Jahre im Rahmen seiner Steuererklärung als vorweggenommene Werbungskosten geltend gemacht.
Finanzgericht gestattete nur Sonderausgabenabzug
Sowohl das Finanzamt, als auch das Finanzgericht Baden-Württemberg ließen jedoch nur einen Sonderausgabenabzug in Höhe von 6.000 € zu. Der Grund: Es handele sich um eine erstmalige Berufsausbildung ohne Dienstverhältnis und somit sei ein Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 6 EstG, § 12 Nr. 5 EstG i.d.F. des BeitrRLUmsG ausgeschlossen. Der Gesetzgeber schließe hier den Werbungskostenabzug aus, da bei einem solchen erstmaligen Ausbildungsverhältnis von einer hohen privaten Veranlassung auszugehen sei und die berufliche Veranlassung in den Hintergrund trete, hieß es damals in der Begründung. „Dies hilft einem in Ausbildung befindlichen nur bedingt“, kritisiert Rechtsanwalt Oliver Junker, der das Verfahren vor dem Bundesfinanzhof und dem Bundesverfassungsgericht für seinen Mandanten führt.
„Ein Sonderausgabenabzug ist nicht in die Folgejahre übertragbar und er ist auf 6.000 € pro Jahr begrenzt. Wenn in dem Jahr der Kosten keine Einkünfte vorhanden sind, verpufft der steuerliche Vorteil.“, so Junker.
Auch Bundesfinanzhof sieht Ungleichbehandlung
Wie der Kläger, sah auch der 6. Senat des Bundesfinanzhofs (Az.: BFH VI R 2/13) Bedenken in einer Ungleichbehandlung und legte die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Norm dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor (Az.: BVerfG 2 BvL 22/14, 2 BvL 26/14). Der Senat forderte in seinem Beschluss aus dem Jahr 2014, „dass die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung auch realitätsgerecht sein müsse.“ Eine Differenzierung danach, ob eine erstmalige Ausbildung mit Dienstverhältnis vorliege, oder ohne ein solches, stellt eine verfassungswidrige Ausnahme dar.
„Die gesetzliche Regelung behandelt junge, in Ausbildung befindliche Menschen damit ungleich und schränkt sie in Ihrer freien Berufswahl ein.“ moniert Junker. Und fährt fort, „Aufwendungen für eine „Beruf“sausbildung sind typischerweise „beruflich“ veranlasst und gehören als Werbungskosten anerkannt.“
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kann mit Spannung erwartet werden, da diese weit über diesen Einzelfall Bedeutung hat.
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